Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten

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Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen

Die Gedenkstätte Sachsenhausen trauert um Christa-Maria Kirchner (1924-2023)

28. November 2023

Die Gedenkstätte und das Museum Sachsenhausen trauert um Christa-Maria Kirchner, die am 11. November 2023 im Alter von 99 Jahren verstorben ist. Von 1946 bis 1950 war sie im sowjetischen Speziallager in Sachsenhausen inhaftiert, wo ihre Tochter Barbara zur Welt kam. Enrico Heitzer, wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Geschichte des sowjetischen Speziallagers, würdigte sie als wichtige Unterstützerin der Gedenkstätte bei der Aufarbeitung der Geschichte der sowjetischen Nachkriegsnutzung: „Als Zeitzeugin hat Christa-Maria Kirchner sich viele Jahre für die Erinnerung an die sowjetischen Speziallager engagiert. Wir haben durch Gespräche mit ihr tiefe Einblicke in die Erfahrung der sowjetischen Verfolgung und den unmenschlichen Haftalltag des Speziallagers erhalten. Ihre persönlichen Erinnerungsstücke, die sie der Gedenkstätte anvertraut hat, sind für unsere Arbeit sehr wertvoll. Mit ihren Zeitzeugengesprächen und TV-Auftritten hat sie das Thema einer breiten Öffentlichkeit nähergebracht.“

Die in Bad Landeck, Kreis Habelschwerdt (Schlesien), geborene Christa-Maria Kirchner. leistete nach dem Gymnasium Arbeitsdienst und absolvierte ein Apothekenpraktikum. 1945 floh sie nach Berlin, wo sie den Journalisten Horst Kirchner heiratete. Die beiden wurden am 14. April 1946 von der Operativgruppe der sowjetischen Militäradministration im Ostteil von Berlin verhaftet, weil Horst Kirchner verdächtigt wurde, ein amerikanischer Spion zu sein. Während er von einem sowjetischen Militärtribunal zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde, kam Christa-Maria Kirchner über das sowjetische Speziallager Nr. 3 in Berlin-Hohenschönhausen ins sowjetische Speziallager Nr. 7/Nr. 1 in Sachsenhausen. Hier brachte sie am 19. November 1946 ihre Tochter zur Welt, mit der sie zusammen die restlichen Haftjahre unter unmenschlichen Bedingungen verbringen musste. Nach ihrer Entlassung am 17. Januar 1950 mussten Mutter und Tochter noch bis 1956 auf die Entlassung des Vaters aus DDR-Haft warten, der nach der Deutschen Einheit rehabilitiert wurde. Christa-Maria Kirchner absolvierte ein Pharmaziestudium und arbeitete als Apothekerin. Sie lebte zuletzt in Salzburg, wo sie auch beerdigt wurde.

Christa-Maria Kirchner und ihre Tochter Barbara Kirchner-Roger kamen oft zurück an den Ort ihrer Haft, etwa im Rahmen der Treffen des Vereins „Kindheit hinter Stacheldraht“, die mehrfach in der Gedenkstätte Sachsenhausen stattfanden. Sie und ihre Tochter übergaben der Gedenkstätte eine Reihe wertvoller Exponate, darunter lagerzeitliche Kinderkleidung und ein Stofftier, die in der 2001 eröffneten Dauerausstellung zur Geschichte des sowjetischen Speziallagers zu sehen sind. Christa-Maria Kirchner trat wiederholt als Zeitzeugin auf. Sie erzählte ihr Schicksal vor der Kamera, etwa 2016 im Film „Geboren hinter Gittern. Kinderschicksale in der Nachkriegszeit“ von Hans-Dieter Rutsch. Ihre Tochter Barbara Kirchner-Roger ist seit 2012 Mitglied der Beiratskommission zur Geschichte der NKWD-Lager der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, deren Vorsitzende sie zuletzt war.

 

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