Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen
18/24: „Wir intervenieren!“ Eine neue Präsentation in der Gedenkstätte Sachsenhausen wirft einen kritischen Blick auf den Ausstellungsteil zu „Sinti und Roma im KZ Sachsenhausen“
12. April 2024
Nr.: 18/2024
Die Gedenkstätte und das Museum Sachsenhausen und das Bildungsforum gegen Antiziganismus stellen an diesem Sonntag um 12.00 Uhr im Rahmen der Veranstaltungen zum 79. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge des KZ Sachsenhausen die Ergebnisse des Projekts „Wir intervenieren! Kritische Perspektiven auf den Ausstellungsteil ‚Sinti und Roma im KZ Sachsenhausen‘“ vor. Gastkuratierende aus Aktivismus, Bildungsarbeit und Wissenschaft, darunter auch Menschen aus den Communities der Sinti und Roma, haben eine Ausstellung zur NS-Verfolgung der Sinti und Roma mit ihren Gedanken, Kommentaren und Positionen versehen. Die Ausstellung ist Teil der 2004 eröffneten und in enger Abstimmung mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma entstandenen Dauerausstellung „Medizin und Verbrechen im KZ Sachsenhausen“. Das Format der „Intervention“ stellt eine wenig aufwändige Möglichkeit dar, um kurzfristig aktuelle Perspektiven in bestehende Dauerausstellungen einzubringen. Bisherige Präsentationen werden dabei zusammen mit externen Akteurinnen kritisch kommentiert und durch neue Aspekte und Inhalte ergänzt.
Astrid Ley, stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte und des Museums Sachsenhausen, erklärte dazu heute in Oranienburg: „Mit dieser Intervention ist eine neue Form der Ausstellung entstanden, die Impulse für weitere Projekte geben soll. Das Ergebnis der Partizipation unterschiedlicher und diverser Gruppen ist die produktive Veränderung der klassischen Ausstellungsformate. Neue Diskurse finden Eingang in die Darstellung und neue Blickwinkel eröffnen veränderte Perspektiven auf das Thema. Durch die neongelbe Farbe kaum zu übersehen, zeigen die Interventionen, wie wichtig und fruchtbar es ist, mit einem diversen Team inhaltliche Aspekte unterschiedlich zu beleuchten, zur Reflexion anzuregen und die Gedenkstättenarbeit kritisch zu begleiten.“
Margitta Steinbach, Gründerin des Vereins Menda Yek, ergänzte: „Ich habe an dem Projekt teilgenommen, weil es mir die Möglichkeit gibt mitzureden. Für uns Angehörige kann es traumatisch sein, unvermittelt auf Zwangsfotografien von Familienmitgliedern zu stoßen, über deren Existenz uns niemand informiert hat. Als Nachkommen haben wir die Verantwortung, das Erbe unserer Vorfahren zu bewahren. Diesen Anspruch können wir aber nur einlösen, wenn wir aktiv miteinbezogen werden, wenn unsere Familiengeschichten aufgearbeitet werden und mit rassistischen Unterlagen aus Archiven gearbeitet wird. Das passiert in der Gegenwart leider noch viel zu selten. Es war mir wichtig, dieses Problem in ‚Wir intervenieren!‘ sichtbar zu machen und im Rahmen des Projektes neue Wege des Umgangs zu entwickeln.“
Die Teilnehmenden des seit Herbst 2023 laufenden Projekts heben hervor, dass die 2004 eröffnete Präsentation zur Geschichte der „Sinti und Roma im KZ Sachsenhausen“ umfassend über die NS-Verfolgungsgeschichte der Minderheit und den an ihr begangenen Genozid informiert. Dennoch stellen sich der Gruppe bei konstruktiv-kritischer Betrachtung der 20 Jahre alten Ausstellung diverse Fragen, etwa nach notwendigen (Kontext)Informationen oder zu verkürzten bzw. vernachlässigten Sichtweisen.
Mit ihren Interventionen greifen die Teilnehmenden aktiv in die Ausstellung ein. Im Fokus stehen dabei die Auseinandersetzung mit rassistischen historischen Begriffen und problematischen Exponaten wie etwa den Gesichtsmasken und Kopfplastiken von Sinti und Roma aus der NS-Zeit sowie die Sichtbarmachung des Kampfes der Minderheit gegen Antiziganismus seit 1945. In neongelb gehaltene Text- und Bildelemente und ein neu eingebauter Sichtschutz lenken den Blick der Besuchenden auf die Interventionen.
Das Projekt wird von der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, der Bundesregierung sowie den Ländern Brandenburg und Baden-Württemberg finanziert.
Sonntag, 14. April 2024, 12.00 Uhr
Wir intervenieren! Kritische Perspektiven auf den Ausstellungsteil zu „Sinti und Roma im KZ Sachsenhausen“ in den Baracken des Lagerkrankenbaus
Vorstellung der Präsentation in den ehemaligen Baracken des Krankenreviers im Rahmen der Veranstaltungen zum 79. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge des KZ Sachsenhausen
Das vollständige Programm finden Sie HIER.
Information: www.sachsenhausen-sbg.de
Verantwortlich:
Dr. Horst Seferens | Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
16515 Oranienburg | Heinrich-Grüber-Platz | T +49 3301 810920
seferens(at)stiftung-bg.de | www.stiftung-sbg.de
Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten wird durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.
Foto als Download (6 MB): Blick in die Ausstellung (© Gedenkstätte Sachsenhausen)